
Aargauer BauPOLIT-Talk 2025 "Verkehr vor dem Kollaps retten"

Bis ins Jahr 2040 wird die Aargauer Bevölkerung um rund 25% weiter ansteigen. In allen Bereichen der Mobilität für Individual- und Berufsverkehr kommen grosse Herausforderungen auf den Kanton Aargau zu. Gefragt sind effiziente Konzepte, die es ermöglichen, die Mobilität nachhaltig zu gestalten, ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen.
In seiner Grussbotschaft erwähnte Dr. Markus Dieth, Regierungsrat, Vorsteher Departement Finanzen und Ressourcen, «dass die Mobilität ein menschliches Grundbedürfnis und die Voraussetzung für das wirtschaftliche Wachstum ist». Gemäss seinen Ausführungen hat der Regierungsrat kürzlich das Entwicklungsleitbild für den Aargau verabschiedet. Darin werden drei zentrale Punkte genannt: die ganzheitliche Wirtschaftsförderung, die Raumgestaltung und die Förderung der Gemeindestrukturen. Regierungsrat Dr. Markus Dieth betonte, dass die Mobilität dabei ein zentraler Bestandteil ist: «Gesucht sind innovative Mobilitätslösungen, von denen alle Verkehrsteilnehmenden profitieren. Gefragt sind intelligente und digitale Mobilitätsketten, welche die Umwelt und die Lebensqualität respektieren und moderne Infrastrukturen unterstützen.» Gemäss seinen Ausführungen «sollen Nachhaltigkeit, Effizienz und Technologieoffenheit im Vordergrund stehen». Um dies zu verwirklichen, braucht es Mut, eingefahrene Routinen zu hinterfragen und neue, unkonventionelle Konzepte zu testen. Zum Schluss rief der Regierungsrat dazu auf, interdisziplinär und über die Grenzen hinaus zu denken. Ganz im Sinne von «Zäme für euse Aargau», um den Menschen im Aargau eine gute Zukunft zu bieten.
Verkehr, Mobilität und Nachhaltigkeit – wie weiter?
Nicolas Brieger, Manager Vertikale Mobilität, Mobilitätsakademie des TCS, stellte in seinem Referat die zukunftsweisenden Möglichkeiten der vertikalen Mobilität vor. Sie wird immer mehr durch elektrisch betriebene Lufttaxis und Drohnen ermöglicht. «Lufttaxis sind längst keine Science-Fiction-Fantasien mehr. In China werden sie für Touristentransporte eingesetzt, um den Verkehr am Boden zu entlasten. In Ruanda werden Bluttransporte mit Drohnen durchgeführt und in Irland werden bereits Kaffee oder Waschmittel auf diese Weise ausgeliefert. Die heutige Verkehrssituation in Städten spricht auch dafür, um die Staus zu umgehen und um Zeit zu gewinnen.» Aber auch im Baugewerbe kommen Drohnen bereits zum Einsatz. So werden in der Schweiz bereits Lastendrohnen mit einer Lastenkapazität von 30 kg eingesetzt. Damit lassen sich Solarpanels punktgenau auf die Dächer liefern. Nicolas Brieger schloss mit dem Hinweis, dass die vertikale Mobilität viele Möglichkeiten bietet: «In der Schweizer Luftfahrt ist die Drohnennutzung streng geregelt, was eine hohe Sicherheit gewährleistet.»
Stauzeiten nehmen immer weiter zu
Die Podiumsgäste diskutierten umwelt- und sozialverträgliche Konzepte, die helfen könnten, den Verkehr von morgen erträglich zu machen. Schnell wurde klar, dass dieses Thema alle betrifft und dass alle ihren Beitrag dazu leisten können. Gemäss Stefanie Heimgartner, Präsidentin ASTAG Aargau und Nationalrätin SVP, weist die Schweiz jährlich über 55'000 Staustunden auf. Die Folge ist eine hohe Unproduktivität: «Wir sehen viele Arbeitnehmer, die ihre kostbare Zeit im Stau verbringen und unnötige Kosten verursachen.»
Ansprechgruppen einbeziehen
Dominik Studer, Kantonsingenieur, erwähnte, dass in der Mobilitätsstrategie des Aargaus der gesamte Mobilitätsmix enthalten ist. «Fussgänger, Velo, Auto, ÖV. Wir wollen in unserem Kanton eine gute Erreichbarkeit sicherstellen.» Um Bauprojekte rascher umzusetzen, sollten alle Anspruchsgruppen nach Möglichkeit schon früh einbezogen werden. Thomas Bachmann stimmte dem zu und wies auf das Projekt VERAS (Verkehrsinfrastruktur-Entwicklung Raum Suhr) hin: «Wir haben viele Leute ins Projekt eingebunden und sind optimistisch, dass es realisiert wird.
Bewilligungsverfahren dauern zu lange
Für Stefan Huwyler, Präsident Aargauische Verkehrskonferenz und Grossrat FDP, dauern die Bewilligungsverfahren bei Strassenbauprojekten viel zu lange: «Die Realisation sollte schneller gehen, denn die Bevölkerung wächst und somit auch der Verkehr und die Stauzeiten.» Aufgrund des Bevölkerungswachstums geht es in seinen Augen jedoch nicht ohne Ausbau der Infrastruktur bei Strasse und Bahn, was natürlich nicht ohne hohe finanzielle Investitionen möglich ist.
Bahnhöfe als Zentrum
Béa Bieber, Vorstandsmitglied ProVeloAargau und Grossrätin GLP, wünscht sich einen besseren Ausbau der Velowege inklusive guter Zufahrten zu den Bahnhöfen: «Die Rahmenbedingungen für die Velofahrer sollten verbessert werden. Dazu zählen auch sichere Bahnhöfe, die als Hubs mit Velostationen fungieren. Auch die einheitliche Signalisation der Velowege wäre ein Fortschritt im Aargau.»
Mobilitätsmix
Die Talkgäste waren sich einig, dass die Menschen den Mobilitätsmix nutzen sollten, was allerdings eine grosse Portion Eigenverantwortung nötig macht, die leider oft fehlt. Für kurze Strecken im Dorf oder in der Stadt zu Fuss gehen, das Velo oder den E-Scooter nehmen. Für längere Strecken den Zug oder das Auto nutzen. Gerade für Fahrten zwischen den Städten, z.B. von Aarau nach Zürich oder Bern, eignet sich der Zug bestens und reduziert den Stau auf der Strasse. Gemäss Béa Bieber wären längere Züge wünschenswert, doch dies ist aufgrund der Gleislängen in vielen Bahnhöfen nicht umsetzbar. Sie rief dazu auf, dass die Arbeitgeber flexiblere Arbeitszeiten oder auch Homeoffice fördern sollten, damit am Morgen nicht alle gleichzeitig unterwegs sind. Für sie wären Fahrgemeinschaften ebenfalls ein gutes Mittel, um die Zahl der Autos zu vermindern, die gleichzeitig unterwegs sind.
Lösungsansätze
Dass auch der Individual- und Berufsverkehr bei einer weiteren Bevölkerungszunahme zunimmt, ist kein Geheimnis. Der Ausbau der Infrastruktur bei Schiene und Strasse wäre ein Mittel, um die Mobilität vor dem Kollaps zu bewahren. Homeoffice, angepasste Arbeitszeiten, Fahrgemeinschaften, Effizienzsteigerung oder selbstfahrende Autos sind weitere Ansatzpunkte, die vom Podium unter der Leitung von Simone Steiner diskutiert wurden. Die Drohnen könnten dazu beitragen, den Verkehr zu mindern, wenn sie als Transportmittel für Menschen und Waren eingesetzt werden. Doch der Faktor Mensch ist ein zentraler Knackpunkt: Jeder Einzelne kann durch die Nutzung des Mobilitätsmixes dazu beitragen, den Verkehr am Laufen zu halten. Doch dies geht nur mit Eigenverantwortung.
Grusswort der Aargauer Regierung
• Dr. Markus Dieth, Regierungsrat, Vorsteher Departement Finanzen und Ressourcen
Die Talkgäste waren
• Nicolas Brieger, Manager Vertikale Mobilität, Mobilitätsakademie des TCS
• Stefanie Heimgartner, Präsidentin ASTAG Aargau und Nationalrätin SVP
• Dominik Studer, Kantonsingenieur
• Stefan Huwyler, Präsident Aargauische Verkehrskonferenz und Grossrat FDP
• Béa Bieber, Vorstandsmitglied ProVeloAargau und Grossrätin GLP
• Thomas Baumann, Gemeinderat Suhr und Grossrat Grüne
Moderatorin
• Simone Steiner