Aargauer BauPOLIT-Talk 2024 «Fluchtmigration und Bauwirtschaft»
Daniel Lang, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Aargau, zeigte in seiner Grussbotschaft auf, welche Dienstleistungen Firmen von seinem Amt beziehen können: «Die Anstellung von Migranten hat in unserem Land, gerade in der Baubranche, eine lange Tradition und wird auch heute weitergeführt. Wir unter-
stützen z.B. Unternehmen, die Flüchtlinge einstellen möchten.»
Mit Ezatollah Ahmadi nahm ein vorläufig aufgenommener Asylbewerber am Podiumsgespräch teil. Ein Kurzfilm zeigte seine eindrückliche Geschichte mit der Flucht aus Afghanistan. Claudia Deschwanden, Leiterin Birchmeier Academy und Berufsbildnerin bei der Birchmeier Gruppe, nannte ihn ein Musterbeispiel: «Nach seiner Ankunft in der Schweiz vor acht Jahren lernte er Deutsch und schloss eine Lehre als Baupraktiker EBA ab. Zurzeit absolviert er die Lehre als Maurer EFZ. Bei ihm merken wir, dass er für eine Zukunft in der Schweiz alles gibt.» Claudia Deschwanden erwähnte jedoch, «dass die Integration längst nicht bei allen so gut läuft wie bei Ezatollah».
Für Martina Bircher, SVP-Nationalrätin und Sozialvorsteherin Aarburg, gibt es null Toleranz für Wirtschaftsflücht-
linge: «Nur Flüchtlinge, die in ihrer Heimat echten Problemen ausgesetzt sind, sollen bei uns Unterstützung er-
halten.» Aus ihrer Sicht als Sozialvorsteherin von Aarburg sollen die Asylsuchenden rasch in den Arbeitsprozess integriert werden, um nicht von der Sozialhilfe abhängig zu sein.
Ruth Müri, Grossrätin Grüne, sieht die sich bietenden Chancen: «Migranten aus Italien und Portugal reichen heute nicht mehr aus, um die personelle Unterbesetzung auf den Baustellen aufzufangen. Flüchtlinge können helfen, das Problem zu lindern.
Karin Faes, Grossrätin FDP und Vorstandsmitglied baumeister verband aargau, erkennt bei vielen Flüchtlingen den Willen, zu arbeiten: «Viele sehen den Eintritt in den Arbeitsprozess als Chance. Dies sollte von der Politik unterstützt werden.»
Alle Podiumsteilnehmenden waren sich einig, dass der Integrationsprozess beschleunigt werden sollte.
Beat Flach, Nationalrat GLP, geht noch einen Schritt weiter: «Die Asylbewerber sollten viel schneller die Mög-
lichkeit erhalten, eine Arbeit anzunehmen, nicht erst nachdem sie die Sprache in der Theorie gebüffelt haben: «Im Arbeitsprozess würden sie unsere Sprache schneller lernen, was die Integration spürbar beschleunigen könnte.» Und weiter: «Wenn Flüchtlinge jedoch 120 Tage lang im Asylzentrum auf den Abschluss ihres Asyl-
verfahrens warten müssen, ist dies verschwendete Zeit. Dazu kommt, dass eine Anstellung auch dazu beitragen würde, dass Asylbewerber eine Tagesstruktur erhalten, Geld verdienen und nicht auf die schiefe Bahn gelangen.
Mangelnde Sprachkenntnisse zählen für Karin Faes denn auch zu den grössten Hürden für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt: «Nur wer die Sprache versteht und spricht, kann auf einer Baustelle arbeiten. Das Verstehen von Anweisungen ist unerlässlich – auch aus Sicht der Baustellensicherheit.»
Martina Bircher bringt das Vorgehen auf den Punkt: «Asylbewerber sollten sowohl mit einer konkreten Arbeit als auch durch eine Ausbildung gleichzeitig gefördert und gefordert werden.»
Für Ruth Müri hat eine berufliche Ausbildung noch einen wichtigen weiteren Nebeneffekt, der nicht zu unter-
schätzen ist: «Asylbewerber mit einer Berufsausbildung werden am Arbeitsplatz viel weniger ausgebeutet. Dies trägt dazu bei, dass sie nicht zu Working Poor werden.»
Asylbewerber wie Ezatollah Ahmadi zu finden, ist kein Kinderspiel. Sie sind wie Nadeln in einem Heuhaufen versteckt. Umso mehr gilt es, diejenigen Asylbewerber zu entdecken, welche bereit sind, die notwendigen Schritte zu gehen. Die Asylzentren sind gefordert, das Potenzial ihrer BewohnerInnen zu erkennen und sich mit passenden Firmen in Verbindung zu setzen. Wünschenswert wäre zudem, dass Asylsuchende während der Ausbildung durch den Arbeitgeber gut betreut werden. Doch selbst wenn es gelingt, weitere Asylbewerber in den Arbeitsprozess zu führen, reicht dies nicht aus, den Personal- und Fachkräftemangel abzuwenden.
Die Talkgäste waren:
- Ezatollah Ahmadi, Lernender Birchmeier Bau AG
- Claudia Deschwanden, Leiterin Birchmeier Academy Birchmeier Gruppe
- Karin Faes, Grossrätin
- Martina Bircher, Nationalrätin
- Ruth Müri, Grossrätin
- Beat Flach, Nationalrat